Wir beraten

Impulse zur Aufführung von Händels «Messias» im Kirchenchor   

Ein Teilprojekt zur biblischen Beseelung der Pastoral


Vorüberlegungen und Ziele

Im Jahresprogramm des Kirchenchors 2010 war die Aufführung von Händels Messias an Weihnachten vorgesehen. Das legte es nahe, auch mit dem Kirchenchor biblisch zu arbeiten und die biblischen Hintergründe des Messias zu erarbeiten. Im Gespräch zwischen Peter Zürn und den beiden Verantwortlichen für den Chor, Ralph Stelzenmüller und Reiner Waterberg, wurden mehrere Ideen entwickelt, wie sich das gestalten liesse. Die biblischen Angebote sollten sowohl die ca. 30 Mitglieder des Chores ansprechen, als auch Aussenstehende, die damit zugleich zu den Proben eingeladen werden sollten. Nicht zuletzt sollte dadurch auch Werbung für die Aufführung des Messias gemacht werden.

Vorgehen und Methoden

An den letzten vier Probeabenden vor der Aufführung wurde jeweils ein 45 Minuten langer Impuls direkt vor Probenbeginn angeboten, d.h. von 18.45 Uhr bis 19.30 Uhr.
Ein Flyer wurde an die Chormitglieder verteilt, in mehreren Exemplaren so dass sie ihn an Interessierte aus Ihrem Umfeld weitergeben konnten. Ausserdem lag der Flyer im Pfarramt auf und die Angebote wurden im Pfarrblatt veröffentlicht. Eine Anmeldung war nicht erforderlich.

Der knappe zeitliche Rahmen und die Offenheit von wie vielen Personen das Angebot genutzt werden würde, setzten den Rahmen für die Gestaltung der Impulse, die jeweils von einem der drei genannten Personen vorbereitet und geleitet wurden. So wurden folgende vier Angebote ausgeschrieben:

24.11. Für Händel haben sich im Messias Jesus Christus die Verheissungen aus dem Alten Testament erfüllt. Was bedeutet «Erfüllung» in der Bibel?

Ein Impuls von Peter Zürn, Bibelpastorale Arbeitsstelle

01.12.    Die Entstehungsgeschichte des «Messias», der Umgang Händels mit Bibeltexten und die Reaktionen auf das Oratorium

Ein Impuls von Reiner Schneider-Waterberg

08.12.  Stefan Zweigs Sternstunden als Hörbuch erleben und geniessen

15.12. Musikalische Gestaltung und Auslegung der biblischen Texte im Oratorium

Ein Impuls von Ralph Stelzenmüller


Aufgrund beruflicher Veränderungen bei Ralph Stelzenmüller musste der 4. Abend kurzfristig umgestaltet werden. Peter Zürn gestaltete einen Bibliolog zu den Bibeltexten, die bereits am 1. Abend im Zentrum standen, Jes 40,1-11 und Lk 2,8-14. Die stärkste und positivste Resonanz löste der dritte Abend aus, bei dem das Hörbuch von Stefan Zweigs Buch «Sternstunden» über die Entstehung des Messias abgespielt wurde. Hier einige Zitate von Mitgliedern des Chores:

«Es war so toll, spirituell … jetzt kann ich meine Worte vom Messias noch kräftiger , ja tiefer empfinden und singen … es waren 50 konzentrierte und einfühlsame Minuten»; «Übrigens der gestrige Hörbuchvortrag war schlichtweg ergreifend und hat damit die Anwesenden noch näher an unseren Messias herangebracht und damit vertraut gemacht»; «das Hörbuch war ein unglaubliches Erlebnis und ich zweifle ein bisschen, ob wir all diese Emotionen des Messias in Gesang umsetzen können. Versuchen werden wir es auf jeden Fall»;

Diese Rückmeldungen zeigen an, welche Bedürfnisse für die Chormitglieder besonders wichtig waren: sich in die Entstehung des Stückes einfühlen zu können, einen emotionalen Zugang zu seinen Hintergründen zu bekommen und dies in einer ästhetisch gestalteten Weise zu erleben. Das hat das Hörbuch mit seiner konzentrierten, dramatisierten Form der Textlesung vollauf geleistet.

Die biblischen Impulse von Peter Zürn waren dagegen auf das intellektuelle Verstehen der Texte und auf die Auseinandersetzung damit ausgerichtet. Sie haben Fragen ausgelöst und neue Verstehensmöglichkeiten erschlossen, lagen damit aber quer zu den Bedürfnissen der Teilnehmenden.

Im ersten Impuls wurden zwei biblische Texte, die im Libretto des Messias eine besonders wichtige Rolle spielen, abschnittsweise und in Grossdruck auf Papier gedruckt und im Raum ausgelegt. Es handelte sich dabei um Jes 40,1-11 (»Tröstet, tröstet mein Volk…») und um Lk 2,8-14 (»In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld…»). Die Teilnehmenden waren eingeladen, rote Bänder zu nehmen und damit rote Fäden zwischen den beiden Texten zu markieren: gleiche Worte oder Wortfelder, gleiche Themen, andere Verbindungen. Zuvor wurde gezeigt, dass Händel das Neue Testament als «Erfüllung» der alttestamentlichen Verheissungen versteht. Und im Anschluss an das Auslegen der roten Fäden und einen Austausch über die Entdeckungen gab es Raum für ein Gespräch über das, was «Erfüllung» bedeuten kann bzw. wie die Teilnehmenden des Verhältnis von AT und NT sehen.
Der Bibliolog am letzten Abend zu eben diesen beiden Texten, die einfach fortlaufend hintereinander gelesen wurden, schufen einen weiteren Raum für die vielfältige Auseinandersetzung mit den Bibeltexten. Die Teilnehmenden versetzten sich in Menschen, die im Exil in Babylon bzw. unter der Herrschaft des Römischen Imperiums lebten und denen Verheissungen zugesagt werden.

Die Drachmen

Es gilt für die Begegnung mit der Bibel verstärkt Räume zu schaffen und zu eröffnen, die einfach schön sind, ohne etwas zu lehren oder vermitteln zu wollen. Es geht um Räume des emotionalen und seelischen Berührtseins.