Wir beraten

Biblische Impulse mit Konfirmandinnen und Konfirmanden   

Ein Teilprojekt der biblischen Beseelung der Pastoral

Vorüberlegungen und Ziele

Das Konf-Lager hat in der reformierten Gemeinde Oberwil-Therwil-Ettingen Tradition. Es wird gestaltet von einem Leitungsteam bestehend aus einer Pfarrerin und einem Pfarrer, dem Jugend- und dem Sozialarbeiter sowie einer Gruppe Jugendlicher bzw. junger Erwachsener, die nach ihrer eigenen Konfirmation in der Gemeinde aktiv geblieben sind und angefangen haben, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Im Kreis dieses Teams, für das Musik und das Musikmachen eine grosse Bedeutung hat, entstand die Idee, das Konf-Lager vom 26. September bis 1. Oktober 2010 unter den Titel des gleichnamigen Musicals aus den 1970er Jahren «Jesus Christ Superstar» zu stellen. Von daher bot sich an, es mit dem Projekt «Biblisches umgeSETZT» zu vernetzen. Im Laufe der Vorbereitung richtete sich der Blick immer mehr auf die Figuren der Jüngerinnen und Jünger, die aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlichen Haltungen Jesus nachfolgen. Sie sollten im Konf-Lager als Modelle, Identifikationsfiguren und Reibungsflächen dienen, um der Frage nachzugehen, ob und wenn ja, warum ich selbst mich zur Nachfolge Jesu berufen sehe. Am Lager nahmen 50 Jugendliche im

Vorgehen und Methoden

Das Musical «Jesus Christ Superstar» war der rote Faden, der sich durch das Konf-Lager zog und der bereits in der Vorbereitung (mit Filmvorführung) begonnen hatte.
Es spielte auch in allen Workshops eine rolle, die im Lager angeboten wurden. Neben musikalischen und gestalterischen Workshops gab es auch einen explizit biblischen, der unter dem Titel «Bibliodrama» vorgestellt und von 10 Jugendlichen besucht wurde. Er wurde von Peter Zürn gemeinsam mit Jeremy Moser, einem der jugendlichen Leiter, gestaltet. Dazu gleich mehr.

Explizit biblisch war auch der Morgenimpuls am 2. Tag mit einem Bibliolog zur Salbung in Betanien im Haus von Marta, Maria und Lazarus nach Joh 12. Die ersten beiden Rollenangebote des Bibliologs, Daniel, der Sohn von Marta und Rebekka, die Tochter von Maria, holten die Jugendlichen bei ihrer eigenen Erfahrung ab, als Tochter bzw. Sohn von Eltern Zugang zur Gemeinde bzw. zu religiösen Erfahrungen zu bekommen. Insbesondere in der Rolle der Rebecca, der Tochter der Maria, die Jesus vor allen Leuten salbt, löste denn auch bei den Jugendlichen starke Gefühle aus: Sie bildeten einen weiten Spannungsbogen zwischen peinlich Berührtsein und der Sehnsucht nach eigener authentischer religiöser Erfahrung.

Die beiden folgenden Rollen, Judas Iskariot und Ruben, einer der Juden, die gekommen waren, um Jesus und (den auferweckten) Lazarus zu sehen, boten die Möglichkeit der Auseinandersetzung um die Frage, was Nachfolge Jesu bedeuten könnte.

Der Bibliolog im Wortlaut

Der Workshop, der sich über drei Einheiten von 2 Stunden erstreckte, stellte biblische Berufungsgeschichten ins Zentrum. Die erste, die Berufung der ersten Jünger am See Genezaret (Mk 1,16-20) wurde wiederum mit einem Bibliolog bearbeitet. Die Jugendlichen, in einer ungewohnten Umgebung mit fremden Leitungspersonen und auch thematisch eher auf Neuland unterwegs, begegneten dem Berufungstext überaus skeptisch. Sie suchten zu Beginn des Workshops nach Sicherheit und fanden sie in der Kinderrolle. Am deutlichsten kam das in einem Beitrag zum Ausdruck, als einer der von Jesus berufenen Jünger sagte: «Ich soll nicht mir fremden Männern mitgehen». In einem nächsten Schritt ging die ganze Workshopgruppe miteinander durch den Raum des Texte, machte gemeinsam den Schritt über die «Schwelle» vom Boot zum Land und tauschte sich über die dabei gemachten Erfahrungen aus: «Wie war das für mich, diesen Schritt zu machen?»

Nach der schützenden Gruppe bot dann in einem weiteren Schritt die biblische Figur einen schützenden Rahmen, um zu formulieren: Was lockt mich aufzubrechen? Was hält mich zurück?

In der zweiten Einheit standen drei Wortbilder aus der Bergpredigt (Mt 5,13-16) im Zentrum, die den Jüngerinnen und Jüngern zugesagt werden: «Ihr seid das Salz der Erde, das Licht auf dem Leuchter, die Stadt auf dem Berg». Die Jugendlichen suchten sich das Bildwort, das sie am stärksten ansprach und gestalteten den Ort auf kreative Weise. Nach einem Austausch über die Erfahrungen mit Ort und Wort schrieben sich die Jugendlichen eine Postkarte an sich selbst, die nach dem Lager zugesandt wurde.

Die dritte Einheit bestand aus einem Bibliodrama zur Berufung des Mose am brennenden Dornbusch in Ex 3. Fünf Orte standen zur Auswahl:
Der Ort der alltäglichen Arbeit des Mose, der Ort des Auftrags an ihn, der Ort seines Zweifels, der Ort des verheissenen Landes und der Ort an dem Gottes Gegenwart besonders spürbar ist.
Die Beschreibung des Bibliodramas, das ja sehr persönliche Erfahrungen und Prozesse ermöglicht, die geschützt sein sollen, beschränkt sich hier auf die – allerdings sehr aufschlussreiche – Frage, welche Rollen von den Jugendlichen gewählt wurden:

Am Ort der alltäglichen Arbeit des Mose
–  Mose der Hirt, der einfach seine Arbeit machen will
–  Mose, der Hirt, der seine Tiere über alles liebt
–  ein Schaf, das sich gut behütet und geführt fühlt
–  ein Schaf, das gerne die Ziegen loswerden will, weil sie ihm das Futter wegfressen
–  eine Ziege, die den Ruf in die Freiheit auch gehört hat
Am Ort des Auftrags an Mose (niemand)
Am Ort des Zweifels des Mose
–  Mose, der an sich selbst zweifelt
–  Gott, der an Mose zweifelt, aber ihn einfach gern hat
Am Ort des verheissenen Landes
–  Mose, der sich seines Auftrags sicher ist und weiss, dass seine Zeit kommen wird
Am Ort, an dem Gottes Gegenwart besonders spürbar ist
– die Flammen, die lustvoll brennen
– der Dornbusch, der sich von den Flammen bewegen lässt

Hier der Versuch einer vorsichtigen Deutung der Rollenwahl mit Blick auf die Lebensphase der Jugendlichen:
Nicht überraschend ist es wohl, dass keine Rolle am Ort des Auftrags gewählt wurde. Niemand von den Jugendlichen wollte sich einen Auftrag geben lassen.
Nicht überraschend ist auch, dass der Sicherheit gebende Ort der alltäglichen Erfahrung am meisten anzog. Es ist auch der Ort, an dem andere führen und behüten und so den Schritt zum Erwachsenwerden, zur eigenen Verantwortung noch ein wenig hinauszögern.
Im Verhältnis zwischen Schafen und Ziegen spiegelten sich Beziehungen zwischen verschiedenen Gruppen im Umfeld der Jugendlichen (Jungs-Mädchen, Angehörige verschiedener Jugendszenen, Leader-Figuren und Stille …).
Zur entscheidenden Figur wurde die Ziege, die auch den Ruf in die Freiheit gehört hatte. Sie löste sich im Spiel aus der Herde und machte sich auf den eigenen Weg.
Eine ganz starke Kraft ging auch von einem jungen Mann aus, der in der Gruppe der KonfirmandInnen eher zu den Stillen gehörte, hier aber in der Rolle des Mose von seiner der sprach, dass seine Zeit kommen wird.
Die beiden Rollen am Ort, an dem Gottes Gegenwart besonders spürbar ist, zeigten, dass diese Gegenwart lustvoll erlebt wurde, viel mehr als mystische Erfahrung denn als reflexive Theologie. Die wechselseitige Bewegung von Dornen und Flammen trug durchaus mit eine erotische Färbung. Mit dem Fluss des Spieles konnten sich diese beiden Rollen aber (noch) nicht verbinden. Gotteserfahrung ist vielleicht in dieser Lebensphase etwas überaus Intimes und Persönliches und bleibt geschützt vor Anderen.

Die Drachmen

Die Bibeltexte erwiesen sich als offen für ganz verschiedene Zugänge mit Nähe und Distanz. Auch ganz distanzierte Haltungen waren im Raum der Texte authentisch möglich.

Der Wurm

Regenwürmer sind ideale Bioindikatoren für die ökologische Bewertung von Böden. Das hat ja auch das Forschungsprojekt des FiBL in Therwil gezeigt. Regenwürmer sind aber auch vom Menschen bedroht, insbesondere durch die immer mehr fortschreitende Verdichtung und Bebauung des Bodens.Genauso ergeht es Bibeltexten. Ihre beseelende Wirkung ist bedroht durch Auslegungen, bei denen das «Ergebnis» bereits im Vorfeld feststeht, sei es durch dogmatische Verdichtungen, moralisierende Botschaften oder fundamentalistische Lesarten. Gerade die mitunter provozierenden Deutungen biblischer Texte durch Jugendliche sind ein grosser Gewinn für Kirche und Gemeinde. Ihnen keinen Raum zu geben und sie nicht wahrzunehmen ist ein riesiger Verlust für die Lebendigkeit von Kirche.