Wir beraten

Methoden, sich einen biblischen Text zu erschliessen   

1. Gedächtniserzählung
Wenn ich mir selbst eine biblische Geschichte frei erzähle und aufschreibe, was fällt mir dabei auf: Veränderungen, Hinzufügungen, Auslassungen.

2. Wort für Wort/Satz für Satz-Lektüre
Spannend ist es, einzelne Sätze in unterschiedlichen Tonfällen laut auszusprechen. Ein Satz Jesu kann vorwurfsvoll oder zärtlich gelesen werden etc.

3. Körpersprache
Einzelne Sätze tun: eine verdorrte Hand ausstrecken. Einmal blind umherlaufen wie Bartimäus. «Kain brachte die Gabe und Gott sah ihn nicht an»: Wie fühlt sich das an, wenn ich jemandem etwas geben möchte und er beachtet mich nicht?

4. Räume/Landschaften/Zeitangaben
Wo spielt die Geschichte? Wie stelle ich mir den Ort vor? Welche Tageszeit ist angegeben? Was sagt mir das über die Personen, die vorkommen.

5. Bildbereiche/Wortfelder
«Frau am Brunnen» als uraltes weibliches Symbol. Kommen viele Verben vor? Wird viel gesprochen?

6. Unausgesprochenes/Verstecktes
Das Nebensächliche beachten: Die Familien der Apostel. Waren da noch andere Personen am Strassenrand?

7. Selbstwahrnehmung
Was löst eine Geschichte bei mir selbst aus? Widerstände? Aggressionen? Sehnsucht? Zweifel? Begeisterung? Das bringe ich in der Regel in die Vorbereitung bewusst oder unbewusst mit ein.

8. Das «Davor»/»Danach»/»Dazwischen»
einer einzelnen Person in der Geschichte fantasieren.
Was verändert sich bei Zachäus in den Wochen nach der Jesusbegegnung? Welche Gedanken hat die Schwiegermutter des Petrus, als sie krank im Bett liegt und die Gäste gleich kommen?

9. Erzählzeitveränderungen
Text in Futur, Imperfekt, Präsens setzen. Was verändert sich für mich?

10. Experimente mit Perspektivenwechsel
Ich-Perspektive eines Geheilten, Ich-Perspektive Jesu, Ich-Perspektive der Pharisäer

11. Ungenannte Rollenträger
Berufskollegen des Zachäus, die Nachbarin von Jairus

12. Dialog mit Statisten/Tieren/Dingen
mit dem Sauerteig, der Drachme, dem Weg, auf den der Räuber fällt. Das verlorene Schaf erzählt… Wie fühlt sich so ein kleines Senfkorn

13. Experimente mit Monolog/Dialog-Formen
Dialog von Maria und Martha spielen lassen, Mose führt ein Selbstgespräch nach dem Dornbuscherlebnis, was erzählen sich die Emmausjünger, als Jesus verschwunden war?

14. Verfremdungstechniken
-Den Schluss einer Geschichte verändern: «Da teilten die 10 Jungfrauen ihr Öl mit denen, die kein Öl hatten.»
Aussagen in ihr Gegenteil verkehren: «Da beschloss der Hirte, das eine Schaf aufzugeben, um sich wieder um die Herde kümmern zu können.»
Antigleichnis erzählen: «Ich zähle die Schafe sowieso nie.» oder «Jesus sagt zu Zachäus: Verkaufe alles, was Du hast, dann komme ich auch und esse mal bei Dir.»
Aktualisierungen/Anachronismen: Welchen Beruf hätte Zachäus heute (UBS Anlageberater?, Versicherungsvertreter?). Aidskranker in der Kirche, statt ein Mann mit der verdorrten Hand in der Synagoge.
Text graphisch anders gestalten: Schöpfungslied in Versform mit Notenzeilen.

15. Hilfsmittel exegetischer und anderer Art
Bibelkommentare
verschiedene Bibelübersetzungen (auch Dialekt oder englisch/französisch)
Konkordanz (wo kommt ein Wort in der Bibel auch noch vor)
synoptische Parallelen (wie erzählen die anderen Evangelisten dieselbe Geschichte)
Bilder/Malerei/Kunstgeschichte
Literatur
Tanz
Vertonungen