Wir beraten

Trauer über unannehmbare Karfreitagsbitte   

Nach der Wiederzulassung der tridentinischen Liturgie als ausserordentliche Gottesdienstform in der Röm.-kath. Kirche Mitte vergangenen Jahres wurde bereits Kritik laut, weil damit die in bedenklicher Weise antisemitische Karfreitagsbitte von 1962 wieder in Geltung kam. Daraufhin hat Papst Benedikt XVI. am 4. Februar 2008 eine korrigierte Form vorgelegt, die aber nach wie vor unzureichend erscheint. Die verbesserte lateinische Fürbitte für den ausserordentlichen Ritus lautet in deutscher Übersetzung:

«Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott unser Herr ihre Herzen erleuchtet, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen ... Allmächtiger ewiger Gott, der Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle aller Völker in Deine Kirche ganz Israel gerettet wird...»

Zwar werden in dieser Formulierung die Juden nicht mehr als «perfid» und «verblendet» bezeichnet, wie es noch 1962 der Fall war, dennoch stellt sich die Frage, ob nicht die hinter der Formulierung stehende Grundeinstellung letztlich die gleiche ist: Die jüdische Identität wird aus christlicher Sicht in Frage gestellt und ihr spezifischer Wert – auch für Christinnen und Christen – nicht anerkannt.
Dagegen bezeichnet die Karfreitagsfürbitte des 1970 approbierten und bis heute grossmehrheitlich gefeierten ordentlichen Ritus die Juden als quasi «grosse Geschwister» im Glauben. So heisst es:

«Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will ... Allmächtiger, ewiger Gott, du hast Abraham und seinen Kindern deine Verheissung gegeben. Erhöre das Gebet deiner Kirche für das Volk, das du als erstes zu deinem Eigentum erwählt hast: Gib, dass es zur Fülle der Erlösung gelangt.»

Als Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft (CJA) im Aargau empfinden wir die «neue-alte» Karfreitagsbitte vom 4. Februar 2008 als Rückschritt und als Hindernis für die Fortsetzung des christlich-jüdischen Gesprächs. Dialog ist nur möglich unter gleichberechtigten Partnern. Die neue Formulierung der Karfreitagsbitte verneint diese Gleichberechtigung.
Aus diesem Grund fordern wir Papst Benedikt XVI. auf, seine Entscheidung zu revidieren und für den gesamten Römischen Ritus nur die Karfreitagsbitte von 1970 zuzulassen.

Vorstand der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft (CJA) im Aargau