Wir beraten

Humor   

Nimm Dich nicht so wichtig

Papst Johannes XXIII. «»‘ so erzählt man sich «»‘ konnte einmal abends nicht einschlafen. Stunden lang hatte er sich (wieder einmal) Klagen von Bischöfen anhören müssen. Da kam ihm eine Eingebung: «Gott wird schon auch um diese Nöte wissen. Und Du, Johannes, nimm Dich nicht so wichtig.» Ganz beruhigt konnte er schlafen, weil er die Nöte dieser Welt gut aufgehoben wusste.

Für mich finden sich in dieser kleinen Geschichte zwei ganz massgebliche Kenzeichen dafür, was Humor ausmacht:

1. Johannes kann sich und sein schweres Amt relativieren. Er «nimmt sich nicht so wichtig», und vieles wird leichter.

2. Der «Heilige Vater» tut dies mit der Souveränität dessen, der darum weiss, dass er nicht alles machen muss, weil es auch noch einen «Vater im Himmel» gibt.

Woher nimmt Johannes XXIII. diesen (Glaubens)Humor?

Wir müssen uns nicht unnötig sorgen

Vieles von dieser Souveränität und dem festen Glauben an den Vater im Himmel, der um unsere Nöte weiss, finden wir auch bei Jesus von Nazaret. Den besorgten Zuhörerinnen und Zuhörern in der Bergpredigt ruft er zu: «Euer himmlischer Vater weiss, dass ihr das alles braucht.» (Mt 6,32) Und er bringt Beispiele dafür, woran er diesen Glauben fest macht: «Seht euch die Vögel des Himmels an. Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!» (Mt 6,26»«‘30) Humorvoll vergleicht Jesus die Menschen mit den Vögeln oder den Feldblumen. Es wäre schlichtweg absurd, wenn sie sich solche Sorgen machen müssten. Aber ist das nicht naiv? Hat hier nicht jemand gut Lachen, weil er die Sorgen der Menschen nicht ernst nimmt?

Woran mache ich diesen Glauben fest?

Nun kann man von Jesus bestimmt nicht sagen, dass er nicht um die Not der Menschen gewusst oder selbst keine Not gelitten habe. Seine Lebensgeschichte war alles andere als eine Erfolgsgeschichte. In ärmlichen Verhältnissen ist er aufgewachsen. Seine Zeit war durch die Brutalität der römischen Besatzungsmacht geprägt, welche die jüdische Bevölkerung gnadenlos ausbeutete. Unter diesen Bedingungen versuchte er Anhängerinnen und Anhänger zu gewinnen für seine Botschaft. Doch schon sehr früh zeichnete sich ab, dass er keinen Erfolg haben würde. Und irgendwann einmal hatte er alle gegen sich, selbst die engsten Freunde. Sein einsamer Tod als Verbrecher spricht Bände.

In einer solchen Situation Gelassenheit zu bewahren, das eigene Schicksal zu relativieren und fest auf den Vater im Himmel zu vertrauen, könnten wir von Jesus lernen. Sicher sind immer wieder Menschen auf ihn zugekommen und haben ihn gefragt, woher er seine Sicherheit nehme, dass seine Botschaft Erfolg haben werde. Ob er denn nicht sehe, dass das alles sinnlos sei. Dass sowieso nichts dabei heraus kommt.

Jesus hat ihnen kleine Geschichten erzählt. Er hat z. B. gesagt: «Ich mache es wie ein Sämann. Ich säe die Saat auf meinen Acker und weiss ganz genau, dass viel daneben geht. Ich weiss, dass es aussieht, als ginge sogar das meiste daneben. Aber genau so sicher weiss ich, dass das wenige, das auf guten Boden fällt, die ganzen Misserfolge bei weitem aufwiegen wird.» (vgl. Mk 4,1-9; Mt 13,1-9; Lk 8,4-8) Sehen Sie, verehrte Leserinnen und Leser, wie Jesus mit den Augen zwinkert?

Oder er erzählt eine andere Geschichte: «Ein Bauer, der seinen Samen gesät hat, kann dann weiter auch nichts tun. Er muss warten. Und er kann eigentlich nur auf seine Erfahrung vertrauen und daran glauben, dass die Saat aufgeht. Dieses Vertrauen ist kein Nichtstun, sondern sehr viel, auch wenn es vielleicht ganz anders aussieht.» (Mk 4,26-29) Wie Johannes XXIII. können Jesus und der Bauer im Gleichnis trotzdem schlafen.

Humor in der Kirche

Ich muss zugeben, dass ich trotzdem oft schlaflose Nächte habe. Und vieles, was mir schlaflose Nächte bereitet, hat mit dieser Nachfolgeorganisation Jesu zu tun, der Kirche. Es mag sein, dass mich manches mehr aufregt, weil ich dort seit jeher arbeite und «Insider» bin. Aber andererseits müsste ich es besser wissen: Weder ich, noch die Pfarrer, Bischöfe und Päpste können das Reich Gottes herbeiführen. Und auch wenn wir alle dazu aufgerufen sind, an diesem Reich Gottes mitzuarbeiten, sind wir nicht verpflichtet, dies mit jener Verbissenheit zu tun, die so oft feststellbar ist. Da nehmen sich manche «»‘ auch ich «»‘ vielleicht doch manchmal zu wichtig. Und da könnte ein befreiendes Lachen «»‘ auch wenn einem gerade zum Heulen zumute ist «»‘ oft mehr bewegen, als zusammengebissene Zähne. Unsere Kirche ist genau so unvollkommen wie wir selber auch, nicht mehr und nicht weniger. Das ist eine Tatsache, die einfach nicht zu ändern ist. Bei unserer Arbeit den Humor nicht zu verlieren, wäre eine schöne Perspektive.

In der Glaubensschule des Humors

Dieser Humor des Glaubens, der um den Vater im Himmel weiss, ist eine gute Schule. Sie kann uns lehren, uns nicht so wichtig zu nehmen, weil wir nicht selber Gott sein müssen. Das erzeugt eine gewisse Leichtigkeit des Lebens. Sie bewahrt uns nicht vor Schaden und Misserfolg. Aber sie hilft uns, all die Misserfolge und Halbheiten einzuordnen in ein grösseres Ganzes. Und vielleicht können wir dann doch auch über manches schmunzeln oder gar lachen, das wir auf den ersten Blick als furchtbar bedrohlich oder niederdrückend empfunden haben. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Nehmen wir uns selber nicht so wichtig!

Dieter Bauer