Wir beraten

Gewalt   

Familienvater (41) erschiesst Frau und 2 Kinder und tötet sich dann selbst.
Solche Nachrichten sind mit erschreckender Regelmässigkeit zu hören und zu lesen.
Die Täter sind meistens ganz normale Männer, denen niemand so etwas zugetraut hätte. Männer wie ich. In einer Ausbildung zum Männer- und Gewaltberater habe ich gelernt, dass gewälttägige Männer oft aggressionsgehemmt sind. Das kenne ich gut. Es klingt wie ein Widerspruch, ist aber keiner. Aggression ist eine positive Eigenschaft. Wir brauchen sie, um unsere eigenen Grenzen zu schützen.
Aber Männer kennen doch keine Grenzen, sind nie überfordert oder hilflos. Welcher Mann sagt schon bei der Arbeit: das ist mir zu viel, ich habe genug. Der gilt doch als Schwächling und ist kein rechter Mann. Irgendwann scheint Gewalt das letzte Mittel, um sich noch als Herr der Situation zu fühlen, um die eigene Hilflosigkeit wegzuschlagen, um jemand zu haben, die noch hilfloser ist als ich. Lieber gewalttätig als unmännlich. Die Opfer sind meistens die Menschen, die man doch eigentlich am liebsten hat.
Ich bin ein Mann, ich bin mit den gleichen Männeridealen aufgewachsen, ich stehe auch in der Gefahr, gewalttätig zu werden. Ich versuche, besser für mich zu sorgen, mich genauso zu lieben wie meinen Nächsten, meine Grenzen zu achten und mir Hilfe zu holen, wenn ich sie brauche. Das fällt mir nicht leicht. Zum Glück weiss ich von anderen Männern, denen es genauso geht wie mir. Das hilft.

Peter Zürn