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Manches bemerkt man(n) erst, wenn es fehlt   

Als vor 3 Jahren mein Sohn geboren wurde, habe ich meine berufliche Tätigkeit auf eine halbe Stelle reduziert. Ich wollte viel Zeit für ihn und für mich als Vater haben. Das war auch finanziell gut möglich, weil meine Frau in einem 80%-Pensum arbeitet. Ich arbeite zwei bis drei Tage pro Woche ausser Haus, ansonsten bin ich Familien- und Hausmann, verbringe Zeit mit meiner Frau (zu wenig) und mit meinem Sohn (wunderbar viel). Ich geniesse die Mischung in meinem Leben: Zeit zum Vorlesen und Spielen, zum Streiten und Versöhnen, Zeit zum Kochen und Aufräumen, Zeit im Büro, bei Sitzungen, zum Lehren und Lernen, Zeit unter Menschen, Zeit zuhause... Erst seit ich keine Hundertprozent-Stelle mehr habe, merke ich, dass sie mir gar nicht fehlt. Meinem Sohn vermutlich auch nicht. Eine der grossen Errungenschaften der jüdisch-christlichen Tradition, die in der Bibel wurzelt, ist der Sabbat bzw. Sonntag. Ein Tag pro Woche für alle, der frei ist von Erwerbsarbeit. Ein Tag pro Woche, der da ist um andres zu tun, was für uns Menschen wesentlich und lebenswichtig ist: «beten, studieren, essen, trinken, singen und lieben» (Erich Fromm). Auch eine wunderbare Mischung. Ich finde, wir sollten uns diesen Tag ohne Erwerbsarbeit unbedingt bewahren, damit wir Zeit für andere lebenswichtige Tätigkeiten haben. Ich finde sogar: ein Tag ohne Erwerbsarbeit ist nicht genug!

Peter Zürn