Wir beraten

Ein neues Jesusbuch   

Der Papst hat ein Buch über Jesus von Nazaret geschrieben. Seine persönliche Sicht. Und er hat ausdrücklich dazu eingeladen, ihm zu widersprechen. Das klingt gut und wurde auch in den Medien immer wieder herausgestellt. Für einen Papst sei das sogar etwas Aussergewöhnliches und bisher Einmaliges. Aber eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit. Jeder Meinung kann und darf in der pluralistischen Welt in der wir leben, widersprochen werden. Dass darauf ausdrücklich hingewiesen werden muss, zeigt leider, wieviel in unserer Kirche da im Argen liegt.
Der Papst hat ein Buch über Jesus geschrieben. Davon gibt es Tausende. Und das ist gut so. Es gibt nicht nur ein Bild von Jesus. Es gibt ganz verschiedene Bilder und vielfältige Zugänge. Und zwar von Anfang an. Schon im Neuen Testament haben wir nicht DIE eine Geschichte von Jesus, sondern wir haben vier Geschichten, vier Evangelien. Vier verschiedene Zugänge. Sie ergänzen sich gegenseitig, aber sie wiedersprechen sich auch. Als die Kirche in der Antike die Entscheidung traf, 4 verschiedene Zeugnisse von Jesus in die Bibel aufzunehmen, bekannte sie ich zur Pluralität. Sie gründete gleichsam eine Schule der Pluralität, in der sich Menschen mit verschiedenen Zugängen zu Jesus begegnen und sich darüber auseinandersetzen können, auch im Widerspruch zueinander. Wir sind alle Schülerinnen und Schüler dieser Schule, in der gleichen Klasse wie der Papst.

Peter Zürn