Wir beraten

…da schickte Gott einen Wurm – Modell zur Biblischen Beseelung   

Schweizer Kirchenzeitung SKZ 4/2012

Im April 2009 gab das Schweizerische Katholische Bibelwerk in der «Schweizerischen Kirchenzeitung» eine Art Kontaktanzeige auf: «Pfarrei gesucht» hiess es da. Und in «Bibel und Kirche» stand: «Wir suchen eine Pfarrei, um sie ein Jahr lang zu begleiten – nicht, um neben all den bestehenden pastoralen Aktivitäten zusätzlich etwas Biblisches anzubieten, sondern um die bestehende Pastoral biblisch zu beseelen.» Wir haben unsere Pfarrei gefunden – und eine reformierte Gemeinde gleich noch dazu. In Therwil (BL) lief über ein Jahr lang das Modellprojekt «Biblisches umgeSETZT». Was in dieser Zeit an biblischer Beseelung geschehen ist, darüber berichtet jetzt eine Publikation. Dabei handelt es sich aber um viel mehr als nur um einen Bericht. Entstanden ist ein multimediales Projekt, für das wir wiederum jemanden suchen. Und zwar Sie:

«Pastoralverantwortliche gesucht»

Wir suchen Menschen, die Verantwortung für Pastoral und Seelsorge tragen: in einer Pfarrei, einer Gemeinde, einer Seelsorgeeinheit, einer Fachstelle, einem Pastoralamt, der Bischofskonferenz, einem Seelsorgeteam, einem Pfarreirat, einem Seelsorgerat oder wie immer es auf den verschiedenen Ebenen und in den unterschiedlichen Strukturen der Kirche in der Schweiz auch heissen mag.

Wir suchen Pastoralverantwortliche, die sich von den Erfahrungen in unserem Modellprojekt anregen lassen wollen, in ihrem Verantwortungsbereich eigene Modelle zur biblischen Beseelung der Pastoral zu entwerfen und umzusetzen.

Wozu wir anregen wollen, sind zwei ganz einfache Dinge: Das erste hat die Welt-Bischofssynode 2008 zum «Wort Gottes im Leben und der Sendung der Kirche» ganz einfach formuliert: «… die Bibelpastoral zu fördern, nicht im Nebeneinander zu anderen Formen der Pastoral, sondern als biblische Beseelung der gesamten Pastoral». Nicht zusätzliche Bibelabende oder Bibelkurse also neben all dem anderen, das sowieso schon «läuft», sondern Raum für die Begegnung mit der Bibel in allem, was Pastoral und Seelsorge ausmacht.

Das zweite heisst: bei uns anfangen. Bei den Verantwortlichen selbst. Die biblische Beseelung der Pastoral steht und fällt mit der biblischen Beseelung der Verantwortlichen für die Pastoral. Diese beginnt z. B. mit offenen Gesprächen in kleinen Kreisen. Und sie braucht geschützte Räume und Zeiten, braucht auch die Freiheit von Leistungsdenken und Erfolgsmessungen mittels Zahlen. In der Ausrichtung auf die anderen, die Pfarreimitglieder oder gar die Kirchenfernen, auf eine möglichst grosse Aussenwirkung liegt die Versuchung und Gefahr, die eigene Erfahrung und innere Bewegung zu umgehen, die doch wesentlich und unverzichtbar ist.

Mehr Zeit und Raum

Wozu wir Sie hier anregen wollen, ist also eigentlich etwas ganz Einfaches. Und es ist auch gar nicht schwer zu machen. Wir selber haben es gemacht und erlebt, wie es wirkt. Und wir sind sicher, dass Sie all das mitbringen, was Sie brauchen, sonst wären Sie heute nicht da, wo Sie sind. Es geht ganz einfach um mehr Zeit und Raum für die biblische Beseelung der Pastoral, um

…  nach den eigenen Wurzeln zu graben;

…  mit anderen zu den gemeinsamen Quellen zu gehen;

…  unser aller tägliches Tun mit den biblischen Menschen und Texten ins Gespräch bringen.

Unser Modellprojekt

In unserem Modellprojekt wurde das unter anderem so umgesetzt:

  • In der Vorbereitung und Gestaltung der Erstkommunion unter dem Titel «Erzähl mir was». Mirjam und David aus dem Alten Testament, die schon in der Adventszeit als Figuren an der Weihnachtskrippe in der Kirche standen, verknüpften ihre Geschichten mit den Erfahrungen der Kinder. Auch die Grosseltern, Patinnen und Paten waren eingeladen, den Kindern in einem Tagebuch von ihrem Glauben zu erzählen.
  • Mit biblischen Elementen und Workshops im Konfirmationslager zum Thema «Jesus Christ Superstar: Jüngerinnen und Jünger Jesu». Bei der ersten Berufungsgeschichte, am See Genezareth, bremste noch der elterliche Warnruf: «Du sollst nicht mit fremden Männern mitgehen», später dann, am brennenden Dornbusch, löste sich ein Schaf aus der Herde des Mose und machte sich selbstbewusst auf den Weg zum Land der Verheissung.
  • Mit biblischen Impulsen vor den Proben des Kirchenchors mit Blick auf die bevorstehende Aufführung von Händels «Messias». Die Begegnung mit der Bibel wurde ein ästhetischer Genuss.
  • In der Begegnung mit dem Pfarreipatron Stephanus bei der Retraite des Pfarreirates. Stephanus zeigte sich als einer, der in der Bibel die Bibel auslegt. Die Auseinandersetzung um die Frage, wo Gott gegenwärtig ist, ob im Tempel, im Zelt, in der Schrift oder in der Vision, wurde zur aktuellen Frage nach verschiedenen Räumen der Gotteserfahrung heute.
  • Mit der biblischen Begleitung der Diakoniegruppe «Wegbegleitung». Ehrenamtliche, die Hilfesuchende unterstützen, liessen sich selbst von biblischen Figuren ein Stück ihres Weges begleiten.

Unterstützung durch die BPA

  1. Wir von der BPA, der Bibelpastoralen Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks, möchten Sie unterstützen, wenn Sie sich für die biblische Beseelung der Pastoral Zeit nehmen und Raum für sie gestalten wollen. Unsere Unterstützung ist vielfältig und multimedial:
    Mit der bereits erwähnten Publikation berichten wir von den bereits erwähntenTeilprojekten im Rahmen des Modellprojektes einer biblischen Beseelung der gesamten Pastoral, von Begegnungen mit der Bibel im Religionsunterricht, im Kirchenchor, in der Diakoniegruppe ...
    Hier dokumentieren wir auch den Rahmen dieses Modellprojektes «Biblisches umgeSETZT», mögliche Widerstände, hilfreiche Strukturen, notwendige finanzielle und personelle Ressourcen …
    In der Publikation begegnen Sie den Mitgliedern der Begleitgruppe des Modellprojektes. Sie haben mit der biblischen Beseelung bei sich begonnen. Sie zeigen sich mit ihren Erfahrungen und wenden sich mit Fragen an Sie: direkt, persönlich, herausfordernd …
    Immer wieder tauchen in der Publikation Drachmen auf. Sie verweisen auf ein biblisches Gleichnis: Eine Frau hat zehn Drachmen und verliert eine. Sie sucht und findet und feiert. Die zehn Drachmen zusammen – die eine, die verloren ging plus die neun, die noch da sind – sind Bild der Fülle, um die es geht, auch bei der biblischen Beseelung.
    Immer wieder begegnen Sie in der Publikation auch einem Wurm. Warum in dieser Publikation «der Wurm drin ist», erfahren Sie gleich.
    Hier als kurzer Hinweis nur ein Satz von Charles Darwin: «Man kann wohl bezweifeln, ob es viele andere Tiere gibt, die eine so bedeutende Rolle in der Geschichte der Erde gespielt haben.

  2. Mit unserer Homepage ergänzen wir
    … diese Publikation, die vor allem Anregung sein soll. Sie soll neugierig machen und zu eigenen Schritten motivieren. Deswegen haben wir sie entlastet von der ganz detaillierten Dokumentation all dessen, was wir modellhaft erprobt haben. Alles, was in der Publikation fehlt oder nur in ausgewählten Teilen dargestellt ist, finden Sie auf unserer Homepage unter www.bibelwerk.ch/d/m6774

  3. Auf Facebook schliesslich vernetzen wir.
    Das Schweizerische Katholische Bibelwerk ist auf Facebook zu finden (www.facebook.com/Bibelwerk). Facebook bringt Menschen mit ähnlichen Interessen im Internet zusammen. Wir wollen Menschen vernetzen, die an der biblischen Beseelung der Pastoral interessiert sind. Darum haben wir die Facebook-Gruppe «Biblische Beseelung» gegründet. Hier wird von Erfahrungen berichtet, werden Ideen ausgetauscht und Fragen diskutiert. Wir laden Sie ein, Mitglied zu werden. Dazu brauchen Sie nur ein eigenes Facebook-Konto.
    Die Gruppe «Biblische Beseelung» hat Maria von Magdala für uns eingerichtet. Sie finden sie unter www.facebook.com/Magdala.Maria. Maria von Magdala ist seit unserem Jubiläumsjahr 2010 die Patronin der Bibelpastoral. Sie ist die ideale Leiterin und Begleiterin der biblischen Beseelung der Pastoral.

  4. Ganz persönlich beraten und unterstützen wir Sie
    … bei Ihren Projekten zur biblischen Beseelung der Pastoral. Im Kapitel 9 der Publikation machen wir Ihnen ganz konkrete Vorschläge dafür. Gerne können Sie bei Bedarf Kontakt mir uns aufnehmen. Dieter Bauer und Peter Zürn stehen Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung:

Bei all dem ist der Wurm drin. Warum?

In Therwil fanden zeitgleich zwei Langzeitprojekte statt. Neben dem Projekt des Bibelwerks führt das Forschungsinstitut für ökologischen Landbau FiBL in Frick AG dort eine Studie durch, in der biologische und konventionelle Anbaumethoden in der Landwirtschaft verglichen werden. Die Studie weist unter anderem nach, dass auf biologisch bewirtschafteten Ackerflächen deutlich mehr Regenwürmer zu finden sind (nämlich 220 pro Quadratmeter) als selbst auf Flächen mit integrierter Produktion (dort sind es 140). Das ist wohl weniger ein überraschendes Ergebnis als eine Bestätigung des Erwarteten. Lukas Pfiffner vom FiBL spricht im Rückgriff auf religiös-biblische Sprachmuster davon, dass Regenwürmer «ein Segen» sind, für den Boden, die Pflanzen und die Bauern. So deutet sich eine Beziehung zum Projekt der biblischen Beseelung schon an. Und der Satz von Charles Darwin über die Regenwürmer lässt sich auch auf die Bibel beziehen: Man kann wohl bezweifeln, ob es viele Bücher gibt, die eine so bedeutende Rolle in der Geschichte der Menschheit gespielt haben. Was allerdings für die Regenwürmer klar ist, dass sie nämlich ein Segen für viele sind, das ist beim Umgang mit der Bibel durchaus fragwürdig. Entsprechend berichtet unsere Publikation auch von Widerständen.

Die Langzeitstudie des FiBL zeigt: Biologisch bewirtschaftete Ackerflächen bieten dem segensreichen Tun der Würmer bessere Bedingungen. Das Schweizerische Katholische Bibelwerk war beim Projekt in Therwil von einer ähnlichen Erwartung ausgegangen: Biblisch bewirtschaftete pastorale Felder eröffnen Räume für segensreiche Erfahrungen. So wie die Studie des FiBL dazu motivieren will, auf biologischen Anbau umzustellen, wollen wir möglichst viele Pfarreien, Gemeinden und Seelsorgestellen dazu anregen, der biblischen Beseelung der Pastoral mehr Raum zu geben.

Würmer und Bibel

Die Gemeinsamkeiten zwischen Würmern und der Bibel bzw. der Bibelpastoral sind damit noch lange nicht erschöpft. Sie zu vergleichen, erweist sich im Gegenteil als äusserst produktiv und wird durch die gesamte Publikation hindurch fortgesetzt.

An verschiedenen Stellen gräbt sich dieser Wurm aus dem Boden und weist auf solche Gemeinsamkeiten hin. Wenn wir dem Tun der Würmer folgen und noch etwas tiefer graben, stossen wir sogar in der Bibel auf einen Wurm. Im Buch Jona heisst es: «… da schickte Gott einen Wurm» (4,7). Ursula Struppe gibt dieser Textpassage in ihrem Jona-Kommentar den Titel «Gottes Seelsorge an Jona». Der Wurm ist also hier sozusagen seelsorgerlicher Mitarbeiter Gottes.

Die Broschüre «‹… da schickte Gott einen Wurm …› Modell zur biblischen Beseelung der Pastoral» umfasst 60 Seiten und ist erhältlich bei der Bibelpastoralen Arbeitsstelle, Bederstrasse 76, 8002 Zürich, Telefon 044 205 99 60, E-Mail info@bibelwerk.ch

Dieter Bauer und Peter Zürn