Wir beraten

Bibliolog mit Kindern der 4. Primarschulklasse zum Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 30-35)   

Duchgeführt am 10.6.2010 in Therwil / Baselland im Rahmen des Projektes Biblisches umgeSETZT

Wichtiger Hinweis: Bitte diesen Bibliolog nicht einfach für die eigene Praxis übernehmen! Einen Bibliolog zu leiten, erfordert Kompetenzen, die sich durch die Teilnahme an einem Bibliolog-Grundkurs erwerben lassen. Wir empfehlen sehr, einen solchen Grundkurs zu absolvieren. Kurse finden sich unter www.bibliolog.ch und www.bibliolog.de. Auch wenn es ganz leicht aussieht, ist es nicht sinnvoll, ohne eigene reflektierte Leitungserfahrungen, einen Bibliolog zu leiten. Es besteht die Gefahr damit den Teilnehmenden und dem guten Ruf der Bibliolog-Bewegung zu schaden.

Zur Einführung: Was ist Bibliolog?

Eine Form, Geschichten aus der Bibel besser zu verstehen und vor allem den Gefühlen der Personen in den Geschichten näher zu kommen.
Entstanden ist diese Form im Judentum. Im Judentum stellt man sich vor, dass die Bibel aus Feuer besteht und zwar aus schwarzem Feuer und aus weissem Feuer. Das schwarze Feuer sind die Buchstaben. Das weisse Feuer ist der weisse Raum zwischen den Buchstaben. Beim Bibliolog bringen wir das weisse Feuer zum Brennen und Leuchten. Wir füllen den weissen Raum zwischen den Buchstaben und zwischen den Zeilen aus.

Wie funktioniert Bibliolog?

Die wichtigste Regel ist: es gibt nichts Falsches. Du kannst dich aktiv beteiligen, du kannst auch einfach nur zuhören. Du kannst alles sagen, was dir in den Sinn kommt. Es gibt nichts Falsches.
Beim Bibliolog geht es um eine Geschichte aus der Bibel. Das ist heute die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Ich lese die Geschichte vor und unterbreche sie an einer Stelle. Dann nehme ich eine Person aus der Geschichte heraus. Ich lade euch alle ein, euch in diese Person hinein zu versetzen. Zum Beispiel: Du bist jetzt der Samariter. Dann stelle ich eine Frage an den Samariter. Wie fühlst du dich im Moment, zum Beispiel. Wenn du willst, kannst du jetzt als der Samariter eine Antwort geben. Wenn du antworten möchtest, streckst du einfach. Dann stelle ich mich neben oder hinter dich, du sagst etwas und ich wiederhole es. Danach kann jemand anders strecken und es passiert das gleiche wieder. So können 3 oder 4 Kinder als Samariter auf die Frage antworten. Danach lese ich die Geschichte weiter bis zur nächsten Unterbrechung. Da passiert das gleiche wieder: eine Person aus dem Text herausnehmen, eine Frage stellen, wer antworten möchte, streckt, ich wiederhole die Antwort.

Bibliolog zu Lk 10,30-35

Die biblische Geschichte beginnt so:

30 Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab

Du bist dieser Mann, der von der Stadt Jerusalem weg geht und in die Stadt Jericho gehen will. Der Weg führt vom Berg hinunter ins Tal und geht durch die Wüste. Mit welchem Gefühl bist du aufgebrochen? Mit welchem Gefühl bist du unterwegs?

Ich bin froh etwas Neues zu entdecken, in eine andere Stadt zu gehen, mal von daheim wegzukommen. Ich habe aber auch ein wenig Angst auf der Wanderung.
Ich bin ganz aufgeregt, voller Freude, etwas von der Welt zu entdecken.
Ich bin aufgeregt, aber aber ein wenig ängstlich.
Ich bin voller Neugier auf das, was mir unterwegs begegnet.
Ich freue mich auf die Wanderung und ich hoffe, sicher anzukommen.
Ich freue mich auf Jericho. Und beim Laufen den Sand so zwischen den Zehen zu spüren, das ist auch ein schönes Gefühl.
Ich bin erschöpft, es ist ein harter Tag gewesen. Ich schlurfe so vor mich hin und gucke gar nicht so genau hin.
Ich bin schon ganz müde vom vielen Marschieren.
Ich habe zu wenig Wasser dabei in der Wüste. Ich laufe mal rasch zurück, um mir Wasser zu holen.
Ich fühle mich ganz einsam hier in der Wüste.
Ich habe schon Halluzinationen, ich glaube ich sehe eine Fata Morgana.

Danke, Mann, der von Jerusalem aufgebrochen ist.
In der Bibel geht die Geschichte so weiter:

30 Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und liessen ihn halb tot liegen.
31 Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter.
32 Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter.

Du bist der Priester oder der Levit. Du hast den Überfallenen gesehen und bist weiter gegangen. Was geht jetzt in dir vor?

Der ist selbst schuld gewesen. Warum war er auch alleine unterwegs. Ich habe jedenfalls Besseres zu tun, als mich um so einen zu kümmern.
Der ist selbst schuld, das geht mich nichts an.
Der ist mir völlig egal. Er ist selbst schuld.
Er hätte ja wegrennen können oder einen anderen Weg nehmen. Aber ein wenig habe ich schon ein schlechtes Gewissen.
Der ist eh tot, da kommt jede Hilfe zu spät.
Ich habe Angst, die Räuber könnten noch in der Nähe sein. Ich mache, dass ich hier weg komme.
Die Angst vor den Räubern ist stärker als mein Schuldgefühl.
Ich habe keine Zeit, muss mich beeilen. Deswegen habe ich nicht angehalten. Aber jetzt beim Weiterlaufen, kommen mir Zweifel, ob ich richtig gehandelt habe.
Hilfe hätte eh nichts mehr gebracht. Der war eh schon fast tot. Aber ein schlechtes Gewissen habe ich doch.
Ich ärgere mich über mich selbst. Ich Idiot.
Ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich fühle mich gemein.

Danke, Priester. Danke, Levit.
Die Geschichte in der Bibel geht so weiter:
33 Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid,

Du bist der Mann aus Samarien. Du hast den Überfallenen gesehen, du hast Mitleid. Hast du noch andere Gefühle? Was geht in dir vor?

Der arme Kerl. Dem muss ich helfen.
Der ist so schwach. Der braucht meine Hilfe.
Ich kann mich gut in den hineinversetzen. Ich fühl mich «tot». Das ist schrecklich.
Ich fühle mich ängstlich, aber ich kann mich in den hineinversetzen und deswegen laufe ich nicht weg.
Ich bin traurig.
Ich fühl mich richtig gut, weil ich hier helfen kann.
Ich bin zum Helfen da. Ich fühl mich sehr gut.
Ich fühl mich gut und stark. Ich will helfen.
Ich bin entsetzt, dass so etwas passieren kann. Dass Menschen so etwas machen. Das macht mich richtig wütend.
Ich ekle mich vor den Menschen, die so etwas Schlimmes fertig bringen.

Danke, Mann aus Samarien, danke, Samariter.
In der Bibel geht die Geschichte so weiter:

Als der Samariter den Überfallenen sah, hatte er Mitleid,
34 ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.

Du bist der Samariter. Du hast den Verletzten verbunden, ihn auf deinem Reittier in die Herberge gebracht und für ihn gesorgt. Wie fühlst du dich jetzt? Was geht in dir vor?

Ich bin stolz auf mich.
Ich bin froh und glücklich.
Ich habe ihm das Leben gerettet! Ich fühle mich froh und gut.
Ich bin erleichert, weil ich grade noch rechtzeitig gekommen bin.
Ich bin erleichtert, ich hoffe, dass er schnell gesund wird. Fast wäre ich davon gelaufen. Gut, dass ich es nicht gemacht habe.
Ich bin froh, dass es ihm schon wieder besser geht. Meine Hilfe hat etwas gebracht.
So ein Glück, dass ich gerade vorbei gekommen bin. Ich bin stolz auf mich. Ich hoffe, dass Gott sich auch darüber freut.
Als Esel fühle ich mich doof, weil ich den schweren Kerl schleppen muss.
Ich fühle mich gut, aber auch erschöpft. Helfen ist ganz schön anstrengend.
Ich bin erschöpft, aber ich fühle mich auch gut. Ich habe etwas Gutes gemacht.

Danke, Samariter.
In der Bibel geht die Geschichte so weiter:

35 Am andern Morgen holte der Samariter zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.

Du bist der Wirt. Du sollst für den Verletzten sorgen, bis der Samariter wieder kommt.
Wie fühlst du dich? Was geht in dir vor?

Ich bin von dem Auftrag überrascht. Kann ich das überhaupt, frage ich mich. Aber ich bin auch froh, dass ich helfen kann.
Was fällt denn dem ein? Ist hier etwa ein Spital? Ich ärgere mich über den unverschämten Kerl.
Für Geld mache ich fast alles. Spiel ich halt mal den Krankenpfleger.
Ich fühl mich ganz hilflos. Weiss gar nicht was ich machen soll.
Ich fühle mich überfordert von diesem Auftrag.
Ich habe sonst schon so viel zu tun. Jetzt noch einen Kranken im Haus. Wie soll das den gehen?
Der traut mir ganz schön was zu. Das ist ein schönes Gefühl, auch wenn ich unsicher bin, ob ich wirklich schaffe.
Ich habe viel Verantwortung bekommen. Das macht mich ein wenig hilflos. Ich habe auch viel zu tun. Aber ich glaube, ich kann das.
Da ist eineganz schöne Herausforderung. Es ist schön, soviel Zutrauen zu spüren.
Der vertraut mir. Und ich finde toll, was der gemacht hat. Ich glaube, ich habe einen Freund gefunden.
Ich bin glücklich. Ich sehe, was meine Hilfe bewirkt.
Ich kann das. Ich habe ja Erfahrung mit so was.

Danke, Wirt.

Ich bedanke mich bei allen Menschen aus der Geschichte, dem Mann, der von Jerusalem aufgebrochen ist, dem Samariter und dem Wirt. Wir entlassen euch wieder zurück in die Geschichte, aus der ihr gekommen seid und bewahren alles bei uns, was uns durch die Begegnung mit euch wichtig geworden ist.
Wir kehren zurück nach Therwil und ich lese den Text nochmal im Zusammenhang vor.

Ihr habt die Geschichte ja schon gekannt. Was ist euch heute durch unseren Bibliolog neu aufgegangen oder wichtig geworden?

Man muss sehr hilfsbereit sein.
Man soll nicht auf Äusseres schauen.
Man soll nicht alleine unterwegs sein.
Die, die vorbei gegangen sind, waren doof.
Der Priester und der Levit verpassen auch etwas.
Der Wirt und der Samariter haben gut zusammengearbeitet.
Die ganzen Gefühle stehe nicht drin im Text. Das weisse Feuer gehört uns.
Es gibt verschiedene Leute, die ganz unterschiedlich reagieren.
Es kommt nicht auf das Äussere an, sondern auf die inneren Werte, wie man handelt.
Gott schickt extra Menschen vorbei, die helfen.