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Erstes Schweizer Bibliodrama-Symposion: Rückblick und Ausblick   

Bibel und Kirche 3/2006

«DAS Bibliodrama gibt es nicht»
war eine der zentralen Erkenntnisse des Ersten Bibliodrama-Symposions in der Schweiz, das vom 11. bis 13. Mai 2006 in der Propstei Wislikofen stattfand. Bibliodrama gibt es nur in der Vielfalt verschiedener «Schulen» mit ihrer bunten Palette von Methoden und Arbeitsformen. Die 37 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposions hatten die einmalige Gelegenheit in vier Workshops in einer gleichbleibenden Gruppe und immer zum gleichen Bibeltext vier verschiedene Formen von Bibliodrama kennen zulernen. Und bei allen Unterschieden wurden dabei auch die Gemeinsamkeiten deutlich. Jeder Workshop stellte eine Dimension in den Vordergrund, die für alle Formen von Bibliodrama wesentlich ist. Den Beitrag des Bibliodramas zum
- Verstehen biblischer Texte
- zum Verstehen meiner Selbst
- zum Gespräch über den Glauben
- zur Feier des Ganzen, um das es im Glauben geht

Hochkomplex und verschiedene Rollen
Die Teilnahme am Symposion forderte also von den Teilnehmenden die Bereitschaft, sich auf komplexe Zusammenhänge einzulassen. Das setzte sich bei der Auseinandersetzung mit dem Bibeltext fort. Zwar wurde viermal die Begegnung mit dem Auferstandenen am See von Tiberias nach Johannes 21,1-14 gespielt, die gewählten Rollen, reichten aber von der Morgendämmerung bis zum 154. Fisch, von Petrus bis zu Maria Magdalena, die am weitere biblische Auferstehungserfahrungen ins Spiel brachte.
Auch ich habe das Bibliodrama-Symposion in verschiedenen Rollen erlebt. Meine wichtigsten Erfahrungen:

Als Teilnehmer im Spiel war ich der Jünger Natanael aus Kana und hatte ein Déja-vu: «Das ist ja wie bei der Hochzeit zu Kana. Zuerst sind die Weinkrüge/Netze leer und plötzlich sind sie gefüllt. Ich bin dem Lebendigen ja schon früher begegnet. Auferstehung ist Teil meines Lebens.»
Ich bin Vertreter einer Bibliodramaschule (der seit dem Symposion so genannten Wislikofer Schule), die in der Schweiz von Claudia Mennen, Nico Derksen und Sabine Tscherner-Babl geprägt wird. Ich habe das, was mitunter an dieser Form des Bibliodrama kritisiert wird – methodische Einfachheit, ja Kargheit, starke Rolle der Leitung, enge Verbindung von Lebens- und Spielraum – als besondere Stärke und Qualität erfahren. Eine Schnuppermöglichkeit bei der Ausbildung in dieser Form Bibliodrama besteht vom 27.-30.11. 2006 unter dem Titel «Aus dem Brunnen schöpfen» (www.ifok.ch).
Als Vertreter der Bibelpastoralen Arbeitsstelle hat mich das Symposion darin bestärkt, Bibliodrama zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit zu machen. Dabei steht die enge Verbindung von Bibel, Bibliodrama und Seelsorge im Vordergrund. Die nächsten Projekte sind Kurse zur Gottesdienstgestaltung mit bibliodramatischen Elementen in der Propstei Wislikofen (www.propstei.ch) sowie die Tagung: «Heute haben wir Unglaubliches gesehen» (Lk 5,26). Impulse aus dem Bibliodrama für Seelsorge und Berufungspastoral im Oktober 2007 (www.kirchliche-berufe.ch).
Als Mitglied des Organisationskomitees bin ich froh, dass unser hochkomplexes Experiment weitgehend gelungen ist und sehr dankbar allen gegenüber, die sich für das Symposion engagiert haben. Vor allem die Workshopleitenden und das Personal der Propstei haben das Netz der lebendigen Erfahrungen gefüllt und auch vor dem Reissen bewahrt.

Peter Zürn

erschienen in leicht gekürzter Fassung in: Bibel und Kirche 3/2006