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Anneliese Hecht (Hg.), «Böse» Frauen   

Buch des Monats November 2005

Anneliese Hecht (Hg.), «Böse» Frauen (Reihe: FrauenBibelArbeit Bd. 15), Verlag Katholisches Bibelwerk Stuttgart 2005, Kt., 96 S., 9,50 Eur[D] / 9,80 Eur[A] / 17,50 sFr, ISBN 3-460-25295-2

Bereits die Abbildungen auf der Titelseite zeigen schön, worum es im Buch geht: die «männermordende» Judit, die «verführerische» Eva, eine «Hexe» auf dem Scheiterhaufen und eine moderne «Femme fatale». Und der Buchtitel macht durch die Anführungszeichen um das Wörtchen «böse» darauf aufmerksam, dass Vorsicht geboten ist. Nein, nicht vor diesen Frauen, wie man vielleicht meinen könnte, sondern vor dem, was man aus den biblischen Geschichten und ihren Protagonistinnen gemacht hat.
Kunstgeschichte, Literatur und kirchliche (Predigt-)Tradition haben sich im Lauf der Geschichte durchweg abwertend mit diesen Frauengestalten auseinandergesetzt. Am augenfälligsten ist es wahrscheinlich bei der verruchten und dann büssenden Maria Magdalena, die in durchaus lasziver Pose so manches katholische Schlafzimmer schmückte. Aber auch die «Hexe» von En Dor, die Königinnen Isebel und Atalja, Gomer, die hurerische Frau des Hosea, Herodias und ihre Tochter (Salome) und die Hure Babylon sind in der Bibel zu finden, bei genauem Hinschauen allerdings in ganz anderen Konnotationen.

Genau ums Hinschauen aber geht es den Autorinnen dieses Buches, hinschauen auf die biblischen Texte selbst, aber auch hinschauen auf eine Wirkungsgeschichte, die eigentlich immer nur mit Männeraugen auf die Frauen geschaut hat. Sabine Bieberstein zeigt in ihrem einführenden Artikel zum Thema: «Es kommt auf die Perspektive an!», wie sich im Laufe der Zeit Opfer- und Täterinnenrolle geradezu vertauscht haben, z. B. bei Batseba. Oder wie machtvolle Frauen wie die genannten Königinnen oder starke Frauen in den Gemeinden der Pastoralbriefe Ängste und Abwehrverhalten auslösen.

Sieben spannende Bibelarbeiten (nicht nur) für Frauen orientieren sich an den Etiketten und Verdächtigungen, die den biblischen Frauen in der Kirchengeschichte und bis heute von (überwiegend männlichen) Auslegern übergestülpt wurden: Die Verführerin, die Hexe, die über Leichen geht, die Hure, die skrupellose Drahtzieherin, die Verderberin, die Sünderin. Jede Bibelarbeit bietet nach einer gut verständlichen exegetischen Hinführung zum jeweiligen Text eine ausgearbeitete Bibelarbeit nach dem klassischen Dreischritt erfahrungsbezogener Erwachsenenbildung: Motivation – Textarbeit – Aneignung.

Abgeschlossen wird das Buch durch einen Methodenartikel von Agnes Wuckelt zum Thema: «Provokation inszenieren».
Man merkt dem Buch an, dass die Erarbeitung den Autorinnen Freude bereitet hat, nicht nur bei der herrlichen «Büttenrede» von Anna Kiesow, die einen Streifzug durch die Bibel unternimmt und all die «bösen Frauen» aufspürt. Sie beginnt ihre Abschnitte jeweils mit einem kurzen Witz. Den ersten davon möchte ich den zukünftigen LeserInnen, die ich dem Büchlein reichlich wünsche, nicht vorenthalten:

«Was sagte Gott nach der Erschaffung des Mannes?» «Das kann ich besser.»

Dieter Bauer

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